Erkenntnisse zur Verweildauer von Vorständ*innen in Unternehmen – und warum es so wenig Frauen in Führungspositionen gibt

Das Ausscheiden von Managerin Janina Kugel als Vorständin und Arbeitsdirektorin bei Siemens befeuerte zum Zeitpunkt der Bekanntmachung 2019 erneut die Meinung, die laut Handelsblattkolumnist Klaus Hansen „an so manchem Stammtisch und in so mancher Gazette“ vorherrsche: Deutsche Vorstandssessel glichen einem Schleudersitz. Doch nicht nur Herr Hansen, sondern auch Redakteure anderer Magazine und Zeitungen, sowie verschiedene Personalberatungsunternehmen sehen für diese Behauptung keinerlei Anlass.

Tatsächlich berichten außer dem Handelsblatt auch die FAZ und die Haufe Online Redaktion in Artikeln von 2015 bis einschließlich 2019, dass Vorstände in Deutschland – einschließlich der DAX-Konzerne – allesamt eine durchschnittliche Verweildauer von etwa vier bis fünf Jahren auf ihrem Posten haben. Nimmt man noch Österreich und die Schweiz hinzu, beträgt die Verweildauer von Vorständen in börsennotierten Konzernen sogar um die 6,6 Jahre, so die CEO Success Studie von strategy& (2019). Damit habe die DACH-Region mit 16% die drittniedrigste Wechselquote im weltweiten Vergleich.

„Auch die Konstitution der Wirtschaft übt darauf keinen großen Einfluss aus: Selbst während der Finanzkrise 2008 und der zuletzt  [vor Corona, Anm. d. Red.] konjunkturstarken Phase hat sich die Verweildauer im Mittel nur um zwei bis drei Monate verändert“, so Klaus Hansen im Handelsblatt. Die Amtszeit von Janina Kugel im Vorstand bei Siemens passe also mit knapp fünf Jahren genau ins Schema.

Lediglich Wallstreet Online stellt in einem Artikel von 2019 fest, dass DAX-Vorstände im Vergleich zum Jahr 2014 etwa sieben Monate bis ein Jahr weniger in ihrem Amt verbleiben.

Doch nicht nur die Verweildauer hat sich in kaum nennenswerter Weise verändert, denn auch das durchschnittliche Alter von Vorständ*innen in Deutschland bei Berufung ins Amt ist seit Jahren gleich geblieben: Diese erfolge in der Regel mit 47 Jahren. Die Frage nach der Verweildauer von Vorständ*innen in ihren jeweiligen Unternehmen ist demnach nicht unbedingt ein Thema, welches Anlass zur Diskussion bieten könnte.

Viel interessanter jedoch und leider auch seit Jahren gleichbleibend, ist die Tatsache, dass die Anzahl von Frauen auf Vorstandsposten nach wie vor verschwindend gering ist: „Im Jahr 2019 betrug der Anteil von Frauen in den Vorständen der 200 größten Deutschen Unternehmen nur etwa 10,4 %.“ (Quelle: Statista).

Möglicherweise wurde daher der Weggang von Janina Kugel bei Siemens in der Öffentlichkeit vergleichsweise stark bearbeitet – aber mit dem Argument einer vermeintlich kurzen Amtszeit der falsche Schwerpunkt gewählt.

Organisationen wie beispielsweise FidAr (Frauen in die Aufsichtsräte) und auch die Bundesministerin für Familien, Senioren, Frauen und Jugend, Franziska Giffey, machen sich für eine Frauenquote in Deutschen Vorständen stark. Und das aus einem bestimmten Grund: 75 DAX-Konzerne haben nicht nur derzeit keine weiblichen Vorständinnen, sondern sehen auch in Zukunft nicht die Notwendigkeit, Frauen aufzunehmen, so ermittelt durch den WOB-Index 185 vom FidAR Netzwerk. Eine verbindliche Frauenquote würde nach wie vor den Unterschied machen, denn bisher „legen nur wenige Unternehmen gut begründete Strategien vor, wie sie – jenseits der Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben – mehr gleichberechtigte Teilhabe und damit eine von Vielfalt geprägte Unternehmenskultur erreichen wollen“, heißt es weiterhin im WOB Index 185.

Doch was sind die konkreten Gründe dafür, dass Frauen in Vorstandsposten nach wie vor in der Unterzahl sind? Und was können Frauen selbst dafür tun, um sich am Markt richtig zu platzieren und ein Personal Branding aufzubauen? Die Antworten auf diese Fragen und noch Einiges mehr diskutierte Selaestus-Geschäftsführerin Regina Ruppert mit Moderatorin Nora Ast im Podcast „Step Up – der Female Leadership Podcast“ (Folge 6). Hören Sie rein, hier geht’s zum Interview bei Spotify:

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