Viele Konzerne, Mittelständler und Einzelunternehmer*innen haben aufgrund der Folgen des nunmehr sechs Monate anhaltenden globalen Ausbruchs der Corona-Pandemie mit enormen Umsatzeinbußen zu kämpfen. Es gibt aber auch einige Unternehmen und Personen, die gerade durch die und den damit verbundenen Lockdown erheblichen Gewinn gemacht haben – gewissermaßen über Nacht.
Das Online-Magazin t3n hat eine Liste der großen Gewinner und der bedauerlichen Verlierer der Krise aufgestellt:
Besonders seien aufgrund des Lockdowns und der Kontaktbeschränkungen die Benutzerzahlen und damit die Einnahmen der Anbieter von Video-Conference-Tools, wie beispielsweise Microsoft Teams, in die Höhe geschnellt. Eindeutige Nummer 1 ist hier Zoom – und das trotz aller Bedenken, was die Datenschutzbestimmungen des Tools angeht. Als Hauptargumente, so t3n, könnten hier „die einfache Bedienbarkeit und die hohe Zuverlässigkeit der Verbindungen“ ausschlaggebend gewesen sein. Inzwischen soll Zoom weit über 200 Millionen Nutzer zählen und der Gründer, Eric Yuan, ein stolzes Vermögen von umgerechnet etwa 7 Milliarden Euro erwirtschaftet haben. (Quelle: RND)
Auch Anbieter von Cloudsystemen wie Amazon AWS, IBM, Google Cloud oder Microsoft Azure Cloud haben in der maßgeblich durch das Arbeiten von daheim bestimmten Zeit beträchtlich an Nutzern dazugewonnen. Sie haben schließlich dafür gesorgt, dass ein gemeinsames Arbeiten auch auf Distanz möglich blieb und weiterhin bleibt. Serviceprovider für Echtzeitchats punkteten indes mit ihren effizienten und unkomplizierten Alternativen zum Verschicken von (internen) Mails. Daneben sind die üblichen Social Media Plattformen ebenso Teil des Gewinnerfeldes: So legte Facebook laut RND an der Börse um satte 60% zu.
Natürlich hat auch der Onlinehandel einen starken Boom erlebt: Hauptgewinner hier ist der Online-Riese Amazon, der an der Börse ebenfalls eine beeindruckende Wertsteigerung von 45% erlebte (Quelle: RND). Selbst Lebensmittel und Drogerieprodukte wurden laut t3n verstärkt online eingekauft, obwohl es bis auf die zeitweilig stark überlastete Nachfrage nach Toilettenpapier und Konserven nie einen Lieferengpass gab.
Es mag seltsam klingen, aber Bürodienstleister*innen und Anbieter*innen von Ressourcen in diesem Bereich haben durch die Krise ebenfalls eher gewonnen als verloren: Denn wenn der Arbeitsalltag allmählich wieder Einzug hält, werden großzügige Büroflächen aufgrund der weiter einzuhaltenden Sicherheits- und Abstandsbestimmungen deutlich stärker gefragt sein als bisher.
In den vergangenen Monaten hat der*die Durchschnittsdeutsche – abgesehen von sogenannten systemrelevanten Schlüsselpersonen – allerdings nicht nur von daheim aus arbeiten können bzw. müssen, sondern hat dort auch einen Großteil seiner*ihrer Freizeit verbracht. Streamingdienste wie Netflix (Wertsteigerung an der Börse um 46%), Amazon prime und Co., aber auch Hörbuchanbieter standen und stehen daher auch jetzt noch hoch im Kurs. Erstere hatten die Freizeitgestaltung der Verbraucher mitunter vorher schon fest im Griff, allerdings hat die Zeit des Lockdowns dies noch forciert. Letztere indes konnten insbesondere Eltern überzeugen, da Hörbücher gerade für Kinder ein ideales Entertainment bieten, wenn sie nicht mit anderen spielen können – und das ohne zusätzliche „Screen-Time“.
Weitere Gewinner der Krise finden sich, wenig überraschend, vor allem im medizin(-techn-)ischen Bereich. Das deutsche Unternehmen Drägerwerk aus Lübeck, Entwickler und Hersteller von Medizin- und Sicherheitstechnik, verzeichnete seit Ausbruch des Corona-Virus einen starken Anstieg der Bestellungen. Der Aktienkurs soll sich verdoppelt haben von 50 auf 100 Euro. Und der amerikanische Pharmakonzern Gilead ist an der Börse, laut RND, mittlerweile mehr wert als Siemens.
Grundsätzlich lässt sich zudem auch sagen, dass sich eine gewisse Flexibilität ausgezahlt haben könnte. Viele Produktionsunternehmen aus verschiedenen Bereichen haben sich etwa während der Krise auf die Herstellung von Masken und / oder Desinfektionsmitteln umstellen können – und das rettet einigen von Ihnen vielleicht gerade die Existenz. Sogar das Technologieunternehmen 3M hat sich derzeit rein auf die Produktion von Masken, Einwegoveralls und Kopfhauben umgestellt. (Quelle: Handelsblatt)
Allerdings gibt es natürlich auch solche Unternehmen, die massiv zu kämpfen haben und deren Umsätze seit Beginn der Pandemie und des darauffolgenden Lockdowns drastisch gesunken sind und existenzbedrohende Tiefstwerte erreicht haben.
Besonders Veranstalter von Events, Messen und Konferenzen sitzen derzeit auf dem Trockenen, heißt es weiterhin bei t3n. Großveranstaltungen wurden abgesagt von den Initiator*innen in virtuelle Räume verlegt. Solo-Selbstständige haben indes entgegen der Annahme sehr oft keinen Anspruch auf viele Soforthilfe-Angebote, „da diese nur beantragt werden können, um Betriebskosten bezahlen zu können. Viele Kreative haben aber keine hohen Betriebskosten, sondern leiden wirtschaftlich unter nach wie vor fehlenden Aufträgen – nicht wenige sind daher mittlerweile auf Grundsicherung angewiesen“, meldet die Zeit in einem Artikel zum Thema Wirtschaft und Corona.
Reiseportale und Hotelbuchungsplattformen haben aufgrund der lang anhaltenden Reisewarnungen für diverse Urlaubsziele ebenfalls den Kürzeren gezogen. Einige Reisebüros und Reiseveranstalter beurteilten die Lage als besonders schwierig, 85 % von ihnen empfinden sich in ihrer Existenz ernstlich bedroht. Und wesentlich besser sieht es auch bei den Hotels und Gaststätten nicht aus, hier gehen mindestens 67% der dringend gebrauchten Einnahmen ab. (Quelle: sueddeutsche.de) Wenn sich die Wirtschaft in all diesen Branchen nicht bald wieder erholt, droht nicht wenigen Unternehmen das Aus. Derzeit ist die Pflicht zur Anmeldung von Insolvenzen bis etwa September noch ausgesetzt. Ab Herbst allerdings rechnen Ökonomen mit einer Insolvenzwelle – wie und ob es danach weitergeht, wird sich für die meisten erst noch zeigen müssen.
Unternehmen müssen flexibel sein, um bei externen Schocks ggf. auch ihr Geschäftsmodell anpassen zu können. Für Selbstständige ist Flexibilität Tagesgeschäft. Jedoch reicht Flexibilität aufgrund der häufig hohen Wettbewerbssituation im Dienstleistungsbereich meist nicht mehr aus, mit Kreativität neue Geschäftsfelder ausfindig machen muss die Devise lauten. Für mittelständische Unternehmen ist das sicherlich realisierbar, doch wie sieht das für die quartalsgetriebenen Aktiengesellschaften aus? Wir befürchten, dass es dort in der zweiten Jahreshälfte zu massiven Entlassungswellen kommen wird. Bernd Rürup spricht in seinem Podcast von ca. 1 Mio. neuer Arbeitslose bis zum Ende des Jahres. Wir hoffen, dass er sich irrt.
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