Angela Merkel – Ein Vorbild für weibliche Führungskräfte?

Seit gestern ist das Buch „Freiheit“ von Angela Merkel im Handel erhältlich. Ihre Memoiren bieten einen persönlichen Einblick in das Leben einer der bedeutendsten Politikerinnen unserer Zeit. Von ihrer Jugend in der DDR bis zu ihrer langen Amtszeit als Bundeskanzlerin – dieses 700 Seiten starke Buch beleuchtet viele Facetten von Angela Merkels Leben und Wirken. Als erste weibliche Bundeskanzlerin Deutschlands prägte sie die nationale und internationale Politik.

Ihre 16-jährige Amtszeit ist ein Rekord in der deutschen Nachkriegsgeschichte und markiert die längste Dienstzeit einer weiblichen Regierungschefin weltweit. Ist sie ein Vorbild für weibliche Führungskräfte in Politik, Verwaltung oder Wirtschaft?

Als Angela Merkel 2005 ihr Amt antrat, lag der Frauenanteil in den Vorständen der DAX-Unternehmen bei nur 0,5 Prozent. Bis 2021 war dieser Anteil auf 17,5 Prozent gestiegen und beträgt heute rund 25 %.

Auch wenn diese Entwicklungen nicht direkt auf Merkels Einfluss zurückzuführen sind, so war doch allein schon ihre Wahl und schließlich ihr standhaftes Behaupten in der Funktion trotz aller Herausforderungen und trotz mitunter geschlechtlich diskriminierender  Anfeindungen ein starkes Signal für eine gleichberechtigte Teilhabe in Führungspositionen. Auch wenn es schwierig wurde. Sie hat immer Haltung bewahrt und die Stellung gehalten. Blickt man über Deutschland hinaus: Angela Merkel scheint auch international ein Signal gesetzt zu haben. Im Jahr 2019 gab es weltweit 15 weibliche Regierungschefs, heute sind es 26.

Kritiker werfen ihr vor, dass Merkels Buchveröffentlichung der persönlichen Bereicherung dient. Doch wir alle wissen doch, dass der Job der Bundeskanzlerin alles andere als vergnügungspflichtig ist und vergleichsweise bescheiden vergütet wird angesichts der immensen und dauerhaften Leistungserwartung. (Ein Elfmeter in der 89. Minute reicht da nicht.) Wie bei allen anderen erwerbspflichtigen Mitbürger:innen auch, hat sie ihr jährliches Gehalt versteuert. Dass Angela Merkel bisher nie durch ein besonderes Interesse an Luxus oder finanziellen Anreizen in der Öffentlichkeit aufgefallen ist, ist hinlänglich bekannt. Sie gilt als sachorientiert und dem Inhalt verpflichtet, weniger dem „Chichi“. Dass sie für eine sehr gründliche und lang vorbereitete Arbeit an ihren Memoiren nun einen Gegenwert durch ihre Leserschaft erhält, ist völlig selbstverständlich. Sie hinterlässt auf 700 Seiten ein Vermächtnis und einen Beitrag zur historischen Aufarbeitung.

Interessant ist allerdings in diesem Kontext ein Vergleich mit Joachim Gauck, dessen Memoiren im Jahr 2023  sehr viel weniger Aufmerksamkeit erhielten und dem gegenüber vom Spiegel-Magazin kein Bereicherungsvorwurf geäußert wurde. Woran liegt das? Liegt dies an Merkels außergewöhnlicher Rolle oder daran, dass sie als bedeutende Frau ein solches Werk schreibt? Angela Merkel bleibt ein Vorbild für weibliche Führungskräfte. Sie hat gezeigt, dass Frauen in der Politik und darüber hinaus wirkungsvoll Verantwortung übernehmen können, auch wenn man heute unter den neuen internationalen Rahmenbedingungen und wirtschafts- wie gesellschaftspolitischen Veränderungen manches anders bewerten würde.  Ob ihr Buch Freiheit diesen Einfluss weiter stärkt, bleibt abzuwarten – es ist jedoch ein bedeutender Beitrag zur Debatte über Gleichstellung, Empowerment und letztlich partizipativer Teilhabe in einer Demokratie.

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