In verlässlicher Regelmäßigkeit ist zu lesen, dass das Anschreiben bei Bewerbungen keine Rolle mehr spielen würde. Zuletzt war es die Deutsche Bahn, die diesbezüglich Aufsehen erregte, weil sie von den angehenden Azubis nur noch den Lebenslauf und Zeugnisse anforderte, jedoch kein Anschreiben mehr. Ergibt das Sinn?
Wer Verantwortung für die Personalauswahl trägt, ist zunächst an den Hard Facts interessiert, die die BewerberInnen mitbringen. Das sind neben einschlägigen Praxiserfahrungen Firmenreferenzen, Beschäftigungszeiträume und der nötige inhaltliche Background. Diese Informationen entscheiden maßgeblich über das Matching mit dem Stellenprofil und können dem Lebenslauf entnommen werden. Zeugnisse geben darüber hinaus Auskunft zum Arbeitsverhalten, zur Teamfähigkeit oder auch zur Kreativität und Einsatzbereitschaft.
Das klingt im ersten Moment nach einem Abgesang auf das Anschreiben, aber dem ist mitnichten so. Ihm können nämlich wichtige Aspekte entnommen werden, die den Ausschlag für die Einladung zum Vorstellungsgespräch oder einem Assessmentcenter geben können. Hier glaubhaft und mit eigenen Worten die Motivation für die vakante Stelle und das Unternehmen zu verdeutlichen, kann entscheidend für die nächsten Schritte sein und im Vergleich mit anderen BewerberInnen den Unterschied machen.
Zu berücksichtigen ist dabei, ob in der Ausschreibung ein Anschreiben verlangt wird (z.B. wenn es „vollständige Bewerbungsunterlagen“ heißt) und um welche Vakanz es sich handelt. Bei einem Ausbildungsplatz, der vergleichsweise wenig Berufserfahrung verlangt, können die Schulzeugnisse mehr über die fachliche Eignung aussagen als ein Anschreiben, das schlechterdings aus dem Internet kopiert wurde.
Demgegenüber ist die eigene Darstellung der Motivationslage, der Anreizfaktoren für einen Wechsel und das eigene Resümee der beruflichen Erfolge bereichernd für eine ganzheitliche Einschätzung einer Bewerbung, vor allem dann wenn Verantwortung für Budget und Personal mit der Position verbunden ist. Gerade solche BewerberInnen, die erfahren im Arbeitsmarkt sind, wissen, was ihnen im beruflichen Kontext wichtig ist, und sollten daher sehr valide den Grund ihres Wechselinteresses bzw. den beruflichen Neuanfang dem Adressaten vermitteln können. Da wäre es für alle Seiten frustrierend, wenn sich nach wenigen Wochen zeigt, dass Unternehmen und neue Mitarbeitende nicht zueinander passen. Genau hierfür könnte ein Anschreiben der erste Anhaltspunkt sein
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